Schlingnatter/Smooth Snake (Coronella austriaca) © Richard Podloucky
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Projekt des Monats
#11/2017 Henneckenmoor in Celle
Ein Zuhause für die Schlingnatter
Das Henneckenmoor bei Scheuen in der Stadt Celle ist ein 36 Hektar großes Übergangsmoor mit extensiv genutzten beziehungsweise aufgelassenen Teichen mit sehr gut ausgeprägten Verlandungszonen. Es ist als Quellgebiet des Vorwerker Bachs im Geestbereich des Celler Stadtnordens eingelagert. Das FFH-Gebiet beinhaltet ein Mosaik aus Wollgras-Torfmoosrasen, Pfeifengras-Bultenstadien und Moorheiden. Fünf der Fokus-Lebensraumtypen der „Atlantischen Sandlandschaften“ kommen hier vor: dystrophe Stillgewässer (3160), feuchte Heiden mit Glockenheide (4010), lebende Hochmoore (7110), Übergangs- und Schwingrasenmoore (7140) sowie Torfmoor-Schlenken mit Schnabelbinsen-Gesellschaften (7150). Das Schutzgebiet ist insbesondere durch das Vorkommen der Großen Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) sowie der Lebensraumtypen 3160 und 7140 im Naturraum „Lüneburger Heide“ begründet.
Durch zunehmenden Gehölzaufwuchs bot eine Fläche östlich des Flugplatzes Celle-Arloh keinen optimalen Lebensraum mehr für das dortige Vorkommen der Schlingnatter (Coronella austriaca). Trotz ihrer relativen Standorttreue lebt die kleinste einheimische Schlangenart sehr versteckt und gilt als seltenste Schlangenart Niedersachsens. Aufgrund ihrer glatten, ungekielten Schuppen wird sie häufig auch als „Glattnatter“ bezeichnet. Wegen ihrer ähnlich scheinenden Zeichnung wird sie oft mit der giftigen Kreuzotter verwechselt. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal sind die Pupillen, die bei der Schlingnatter rund und bei der Kreuzotter senkrecht geschlitzt sind. Außerdem besitzen Kreuzottern eine viel kräftigere Zeichnung in Zickzackform; Schwanz und Kopf sind bei ihr deutlich voneinander abgesetzt. Schlingnattern weisen dagegen eine sehr variable Rückenzeichnung aus zwei Reihen paarig oder versetzt angeordneter dunkler Flecken auf oder können in Einzelfällen sogar fast ungefleckt sein. Die Fleckenmuster auf dem Hinterkopf und dem Rücken bleiben zeitlebens konstant und eignen sich wegen der großen Unterschiede zwischen den Tieren gut zur dauerhaften Individualerkennung.
Die Schlingnatter bevorzugt reich strukturierte Lebensräume mit einem Wechsel von Einzelbäumen, lockeren Gehölzgruppen sowie anmoorigen, grasigen und vegetationsfreien Flächen. Genau diese Strukturen drohten auf der Projektfläche im Henneckenmoor zu verschwinden – hier musste also gehandelt werden, um der Schlingnatter auch zukünftig ihren arttypischen Lebensraum zu bieten!
Im Rahmen des IP-LIFE „Atlantische Sandlandschaften“ wurde daher die verbuschte Fläche des Übergangsmoores durch Entfernen der Gehölze aufgelichtet. Im Februar 2017 wurden die Arbeiten so ausgeführt, dass lediglich noch 20 bis 30 Prozent der ursprünglich auf der Fläche stockenden Gehölze dort erhalten blieben. Zurück blieb auch extra viel Totholz, um den Strukturreichtum zu erhöhen. Durch diese manuelle Freistellung soll der Lebensraum für die Schlingnatter aufgewertet und die nutzbare Fläche auf insgesamt 5.600 Quadratmeter erhöht werden, um das Schlingnatter-Vorkommen inklusive Begleitarten im Bereich der Stadt Celle zu stabilisieren und zu fördern.
In der zweiten Projektphase soll ein artspezifisches Monitoring an diese Maßnahmenumsetzung anschließen, um weitere notwendige Maßnahmen zu entwickeln und durchzuführen. Nur so kann gewährleistet werden, dass für die Schlingnatter dauerhaft ein geeigneter Lebensraum im Gebiet erhalten bleibt.
- Artportrait 1283 – Schlingnatter
- Artportrait 1042 – Große Moosjungfer
- Lebensraumtyp 3160 – Dystrophe Seen und Teiche
- Lebensraumtyp 4010 – Feuchte Heiden mit Glockenheide
- Lebensraumtyp 7110 – Lebende Hochmoore
- Lebensraumtyp 7140 – Übergangs- und Schwingrasenmoore
- Lebensraumtyp 7150 – Torfmoor-Schlenken mit Schnabelbinsen-Gesellschaften