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Projekt des Monats


#6/2022 EHEMALIGE SANDKUHLE WOHLENBECK (LANDKREIS CUXHAVEN)
Sanierung und Neuanlage von Gewässern sowie Wiederherstellung von Landlebensräumen für Kreuzkröte und Knoblauchkröte

Sandkuhle Wohlenbeck vorher

Sandkuhle Wohlenbeck vorher: Gehölze und Schilf breiten sich aus. © Kristof Meyn, NLWKN

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Der Westerberg ist ein Höhenzug im Norden der Samtgemeinde Börde Lamstedt, der eine maximale Höhe von 66 Metern erreicht. Er ist Teil einer Serie von Endmoränen der Saale-Kaltzeit, die mit dem Höhenzug der Wingst im Norden beginnt und sich nach Süden mit den Lamstedter Endmoränen fortsetzt. Während der zentrale Bereich des Westerberges weitgehend mit Mischwald bestanden ist, dominieren auf den angrenzenden sandigen Grundmoränen meist intensiv genutzte Ackerflächen. Aufgrund der anstehenden Sande finden sich hier auch zahlreiche Sandgruben, von denen sich einige nach Abschluss des Abbaus zu wichtigen Lebensräumen für Pflanzen- und Tierarten, die an nährstoffarme, feuchte und wechselfeuchte Standorte sowie an nährstoffarme Stillgewässer angepasst sind, entwickeln konnten. So auch in einer aufgelassenen Sandgrube in der Gemarkung Wohlenbeck: Hier konnte sich nach Einstellung des Sandabbaus im Jahr 2001 ein Mosaik aus permanenten und temporären Kleingewässern mit Verlandungsvegetation, sonnenexponierten Offenbodenbereichen, Magerrasen und lichten Gehölzbeständen entwickeln, welche u. a. einen wichtigen (Teil-)Lebensraum für Kreuzkröten und Knoblauchkröten darstellen. Ursprünglich spielten die sich durch die Hochwasserdynamik ständig verändernden Überschwemmungsbereiche der Flüsse eine wichtige Rolle als Lebensraum für die beiden Arten. Heute liegen etwa 50 Prozent der Vorkommen in Sekundärlebensräumen wie Kies- und Sandgruben oder Steinbrüchen, weshalb diese in Niedersachsen zu den wichtigsten Kreuzkrötenlebensräumen geworden sind.

Nach Einstellung des Sandabbaus in der Sandkuhle Wohlenbeck und Entlassung in die natürliche Sukzession wuchsen schnell Kiefernjungbestände auf. Trotz des jahrelangen Einsatzes der NABU-Gruppe Land Hadeln, unter Leitung des inzwischen verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden Fritz Bechinger, wurden die offenen Bereiche zusehends kleiner und die ehemals noch vorhandenen größeren offenen Wasserflächen wuchsen fortschreitend mit Schilfröhrichten zu. Aufgrund des Wassermangels während der Trockenjahre von 2018 bis 2020 wurde die Fortpflanzung von Kreuzkröte und Knoblauchkröte zusätzlich erschwert. Das allmähliche Zuwachsen der Sandkuhle beeinflusste das Vorkommen der Kreuzkröte deutlich: 2001 konnten noch 250 Jungtiere und drei Adulte nachgewiesen werden; der Laich der Kreuzkröte bestätigte damals die Reproduktion in dem Gebiet. 2002 waren es noch 30 Jungtiere, 2004 35 Jungtiere und 2011 lediglich ein adultes Tier. 2017 gelang für die Art kein Nachweis mehr. Der Ausfall einer erfolgreichen Metamorphose über mehrere Jahre stellt zwar ein hohes Risiko in einem sich veränderndem Lebensraum dar, muss aber bei der hohen Lebenserwartung der Kreuzkröte von bis zu zwölf Jahren nicht das Aussterben der Population bedeuten, solange rechtzeitig wieder geeignete Habitate geschaffen werden.

Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Cuxhaven und das Team des IP-LIFE Atlantische Sandlandschaften im NLWKN erkannten den dringenden Handlungsbedarf, um das bevorstehende Aussterbeereignis zu verhindern. Maßnahmen zur Wiederherstellung der Amphibienhabitate sollten die lokalen Vorkommen der Kreuzkröte und der Knoblauchkröte stabilisieren. Nachdem die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe die Fläche Ende 2021 erworben hatte, konnte mit der Maßnahmenumsetzung im Februar 2022 begonnen werden. Unter Anleitung einer externen ökologischen Baubegleitung wurde das ehemalige Laichgewässer zur Verbesserung der Wasserführung vertieft und abgeflacht. In einen Teil des sanierten Gewässers, der durch einen Damm vom Hauptwasserkörper abgetrennt ist, wurden wenige Quadratmeter Binsenbestände eingesetzt, um die Kreuzkröte auch dort zum Ablaichen zu motivieren. Bei der Entfernung aufkommender Weiden im Bereich des Hauptwasserkörpers wurde das Gewässer leicht vertieft.

Zur Neugestaltung des Landlebensraumes wurden Jungkiefern auf mehreren hundert Quadratmetern entfernt und Rohbodenstandorte geschaffen. Der im Zuge der Gewässersanierung gewonnene Sand wurde mittels Bagger zu flachen, leicht zu pflegenden Wällen modelliert. Diese bieten günstige Mikroklimastandorte für wärmeliebende Arten.

Den eventuell noch vorhandenen Kreuzkröten und Knoblauchkröten stehen in dieser Fortpflanzungssaison erstmals seit Jahren wieder adäquate Laichgewässer zur Verfügung. Der neu geschaffene, etwa 3.300 Quadratmeter große Landlebensraum bietet insbesondere der Kreuzkröte gute Bedingungen zur Nahrungsaufnahme, da auch Insekten von der Maßnahme profitieren werden und die Amphibienart die offenen Bereiche für die Jagd nutzt. Der Erfolg des Vorhabens wird 2023 durch eine Amphibienerfassung überprüft werden.

Gewässerstandort nach der Gehölzentfernung

Gewässerstandort nach der Gehölzentfernung © Florian Bibelriether, Amphi Consult Germany

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