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#08/2019 AUFWERTUNG VON SAND­LEBENS­RÄUMEN FÜR GEFÄHR­DETE ARTEN
Instand­setzung von Heiden, Binnen­dünen und Klein­gewässern in den Land­kreisen Diep­holz und Nienburg

Aufwertung von Sandlebensräumen

Die Maßnahmenfläche im nördlichen Renzeler Moor während der Umsetzung. © BUND Diepholzer Moorniederung

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Die Diepholzer Moorniederung erstreckt sich über eine Fläche von rund 105.000 Hektar im Städtedreieck Bremen – Osnabrück – Hannover und umfasst eine Vielzahl von Schutzgebieten. Das Gebiet ist insbesondere für seine Hochmoore bekannt, die zu den wertvollsten (Rest-)Vorkommen in Niedersachsen zählen. Es dient vielen Vogelarten als wichtiger Brut- und Rastplatz. Auch zahlreiche seltene Arten der Sandlebensräume, wie Schlingnatter (Coronella austriaca), Zauneidechse (Lacerta agilis), Kreuzkröte (Bufo calamita), Feldgrille (Gryllus campestris) und weitere gefährdete Insektenarten, finden hier wertvolle Rückzugsräume.

In der Vergangenheit wurden nicht nur die Hochmoorstandorte durch Torfabbau oder landwirtschaftliche Nutzung stark beeinträchtigt oder zerstört. Die ehemals großräumig vertretenen Sandlebensräume unterlagen Nutzungsintensivierung, Flächenumbruch oder Aufforstung. Die Gesamtfläche gut ausgeprägter Sandlebensräume wurde dadurch stark dezimiert. Durch die vor mehreren Jahrzehnten begonnene Naturschutzarbeit lokaler Naturschutzverbände konnten hier in enger Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden mehrere Tausend Hektar Moor, Feuchtgrünland und Sandlebensräume erhalten oder renaturiert werden. In den Gebieten kann der Erfolg von investiven Maßnahmen durch eine kontinuierliche Pflege, beispielsweise durch Schafbeweidung, gesichert werden.

Um den Zustand vorhandener Sandlebensräume zu verbessern, neue Lebensräume zu schaffen und die Vorkommen der spezialisierten Arten zu stabilisieren, wurden im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten Integrierten LIFE-Projektes „Atlantische

Sandlandschaften“ von Oktober bis Dezember 2018 in sechs Gebieten in den Landkreisen Diepholz und Nienburg Heiden, Binnendünen und Kleingewässer instandgesetzt. Neben umfangreichen Erd- und Gehölzarbeiten erfolgte ein Abtransport des Materials aus den Gebieten, um einen Nährstoffentzug zu gewährleisten. Die Maßnahmen wurden vor Ort durch die gebietsbetreuende Einrichtung „BUND Diepholzer Moorniederung“ entwickelt und begleitet.

  • Im Nordosten des Renzeler Moores in der Gemeinde Varrel (Landkreis Diepholz) wurde eine stark degradierte Binnendüne instandgesetzt. Hierzu wurden einzelne Kiefern entfernt, die beschatteten Flächen reduziert, Oberboden abgetragen und offene Sandflächen geschaffen. Dies ermöglicht die Ausbreitung der im Umfeld vorhandenen Kennarten Silbergras (Corynephorus canescens) oder Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis). Der Lebensraumtyp „Offene Grasflächen mit Silbergras und Straußgras auf Binnendünen“ (LRT 2330) konnte durch die Öffnung stark vermooster Bereiche verbessert werden. Die im Gebiet vorkommenden Schlingnattern und Kreuzkröten können die Düne als Teillebensraum nutzen. Darüber hinaus profitieren bodennistende Insektenarten von den neu geschaffenen Offensandbereichen.
  • Auf der „Grillenheide“ im Osten des Neustädter Moores in der Gemeinde Wagenfeld (Landkreis Diepholz) wurde die Sukzession durch Kiefern und Brombeeren zurückgedrängt. Der Sukzessionsdruck ist aufgrund der umgebenden Kiefernwälder und der umliegenden Intensivlandwirtschaft besonders hoch. Teile der überalterten Heide wurden gemäht. Durch Abtrag des Oberbodens konnte ein Mosaik offener Sandflächen und gewachsener Heidebestände geschaffen werden. Von der Maßnahme profitiert in erster Linie der Lebensraumtyp 2310; zudem stellt sie eine Habitatverbesserung für die Feldgrille und weitere bodennistende Insekten dar.
  • Im Süden des Renzeler Moores in der Gemeinde Barenburg (Landkreis Diepholz) wurde eine Sandheide mit Krähenbeere auf Binnendünen (LRT 2320) instandgesetzt. Es wurden einzelne Bäume entfernt, die überalterte Heide mit Fangkorb gemulcht und ein Mosaik offener Sandflächen unter Schonung des ausgeprägten Dünenreliefs geschaffen. Die ehemaligen Sandentnahmestellen waren stark verbuscht. Durch eine erneute Freistellung bieten sich Möglichkeiten zur Wiederbesiedlung durch den ehemals dort vorkommenden Moor-Bärlapp (Lycopodiella inundata). In nassen Jahren können Habitate von der Kreuzkröte besiedelt werden. Insgesamt konnten auf der Fläche der Zustand des Lebensraumtyps 2320 verbessert und positive Synergien für angepasste Arten geschaffen werden. Zugleich wurden mit Blick auf die Schlingnatter wertvolle Altbestände der Heiden und Einzelbäume geschont sowie Versteckmöglichkeiten für die Reptilienart erhalten.
  • Im Norden des Hohen Moores bei Kirchdorf in der Gemeinde Steyerberg (Landkreis Nienburg) wurde eine Binnendüne mit Sandheiden und Magerrasen optimiert. Aufkommende Späte Traubenkirschen (Prunus serotina) und Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos) bedrohten zunehmend die gut ausgeprägten, flechtenreichen Silbergrasfluren und Sandheiden. Durch Entfernen einiger Kiefern und Traubenkirschen sowie von aufkommender Verbuschung und durch Abtrag des Oberbodens wurde ein Mosaik offener Sandflächen gesichert und erweitert. Dadurch wurde eine Verbesserung der vorhandenen Lebensraumtypen 2310 und 2330 erzielt. Frühere Abgrabungen am Rand der Düne wurden ergänzend freigestellt und modelliert. Durch die neuen Offenbodenstellen und einzelne Stubbenhaufen konnte zugleich der Lebensraum der im Gebiet vorkommenden Zauneidechsen und Schlingnattern optimiert werden.
  • Südlich des Nördlichen Wietingsmoores in der Gemeinde Freistatt (Samtgemeinde Kirchdorf, Landkreis Diepholz) wurden ein Gewässer und seine Umgebung instandgesetzt und entwickelt. Eine fortgeschrittene Sukzession hatte seine Eignung als Laichgewässer für die Kreuzkröte stark verringert. Daher wurden ausgewachsene Kiefern sowie die vorhandene Verbuschung entfernt, ein Teil der Flatterbinsen (Juncus effusus) gemulcht und zusammen mit dem Oberboden abgetragen. Im Anschluss wurde eine abgeflachte, besonnte Uferzone modelliert. Die entfernten Baumstümpfe wurden als Überwinterungsquartiere für Kreuzkröten angelegt. Mit diesen Maßnahmen wurde die Voraussetzung für eine weitere Entwicklung des Gebiets geschaffen. Zugleich sollten wertvolle Vegetationsvorkommen und Libellenhabitate geschont werden.
  • In der Ortschaft Holzhausen in der Gemeinde Bahrenbostel (Samtgemeinde Kirchdorf, Landkreis Diepholz) wurden Maßnahmen zur erneuten Öffnung einer Sandentnahmestelle durchgeführt. Sukzession durch Kiefern, Birken und Pappeln hatte hier über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren dazu geführt, dass keine offenen Sandflächen mehr vorhanden waren. Die vorhandenen Senken waren vollständig verbuscht und nur noch selten wasserführend. Das Gebiet war ehemals durch Kreuzkröten besiedelt. Sofern sich die Habitatbedingungen entsprechend verbessern, kann die in der Kulturlandschaft liegende Fläche als Trittsteinhabitat zwischen bestehenden Kreuzkrötenvorkommen dienen. Daher wurden zur Wiederherstellung des Habitats Bäume und Sträucher gerodet, der Oberboden abgetragen und offene Sandflächen und Hänge modelliert. Zahlreiche temporäre Kleinstgewässer wurden angelegt. Einzelne Strukturelemente aus Stammholz und Wurzelstubben wurden in den Randbereichen als Quartiere für Amphibien und Reptilien zu Haufen aufgeschichtet. Mit diesen Maßnahmen wurden nicht nur die Voraussetzungen für eine Wiederbesiedlung durch die Kreuzkröte geschaffen, sondern auch positive Synergien für sandliebende Insekten erzielt.
Aufwertung von Sandlebensräumen

Flach abgeschobene Dünenbereiche im nördlichen Renzeler Moor nach Abschluss der Arbeiten © Thomas Kutter, NLWKN

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