Erfolgreicher Schritt zur Renaturierung: Der Ems-Altarm in Hembergen ist wieder mit der Ems verbunden. © Bezirksregierung Münster
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Projekt des Monats
#9/2018 Komplementäre Förderungen und Maßnahmen
Ems-Renaturierung bei Hembergen
Das IP-LIFE „Atlantische Sandlandschaften“ ist das erste Integrierte LIFE-Projekt im Bereich Natur in Deutschland. Die Integrierten LIFE-Projekte wurden von der Europäischen Kommission 2014 eingeführt, um eine bessere Umsetzung der Umwelt- und Klimapolitik und deren Integration in andere Politikfelder zu erzielen. Sie setzen in einem großen räumlichen Maßstab (regional, national oder transnational) Pläne oder Programme um, die aufgrund der EU-Gesetzgebung erforderlich sind. Integrierte Projekte im Bereich Natur zielen auf die Umsetzung der FFH-Richtlinie und ein effektives Management der Natura-2000-Gebiete ab. Als strategische Planungsinstrumente dienen hierbei die Prioritären Aktionsrahmen (PAF = Prioritised Action Frameworks), die für jede Programmperiode auf nationaler und/oder regionaler Ebene festgelegt werden.
Für Integrierte LIFE-Projekte müssen zudem Mittel aus anderen (Förder-)Quellen einbezogen werden. Daher ist ein wichtiges Ziel des Projektes, durch zusätzliche Förderungen, beispielsweise EU-Fonds (z. B. EFRE/ELER), Förderprogramme der Bundesländer oder weitere nationale sowie private Finanzierungsquellen, die Projektziele umzusetzen und darüber hinaus einen Mehrwert zu schaffen.
Während im Rahmen des IP-LIFE „Atlantische Sandlandschaften“ Maßnahmen für Sandlebensräume und deren Arten durchgeführt werden, erweitern die komplementären Maßnahmen die Liste der verbesserten Lebensraumtypen und Arten und wirken an der Umsetzung weiterer EU-Direktiven (z. B. Wasser-Rahmen-Richtlinie) mit. Als erste größere komplementäre Maßnahme kann die Reaktivierung eines Ems-Altarmes durch das Dezernat 54 der Bezirksregierung Münster hier näher vorgestellt werden.
Renaturierung der Ems bei Hembergen (Kreis Steinfurt)
Diese komplementäre Maßnahme zielt darauf ab, den hydromorphologischen Zustand der Ems im oberen Abschnitt in Nordrhein-Westfalen und damit sowohl die strukturelle Vielfalt als auch den Erhaltungszustand der aquatischen und Auen-Lebensraumtypen zu verbessern.
Im Oktober 2016 wurde damit begonnen, die alte Emsauenlandschaft bei Entrup zwischen Hembergen (Emsdetten) und Saerbeck im Kreis Steinfurt neu entstehen zu lassen. Im August 2018 erfolgte der Durchstich zur Reaktivierung des 1935 im Rahmen des Ems-Ausbaus abgetrennten Altarms. Hiermit wurde der Fließverlauf wieder um circa 1.000 Meter verlängert und eine bis zu 90 Meter breiten Sekundäraue geschaffen. Die Trasse folgt dabei weitgehend dem Verlauf des bisherigen Altarms. Der Einlaufbereich wurde aus naturschutzfachlichen Erwägungen heraus komplett neu geschaffen, da sich im verlandeten, ehemaligen Gewässerbett in den vergangen 80 Jahren einer der letzten Silberweidenauwälder der Emsaue etabliert hat. Im Auslaufbereich wurde aus verschiedenen fachlichen Überlegungen heraus ebenfalls ein komplett neues Flussbett auf landeseigenen Flächen angelegt. Da sich die Ems durch Begradigung und Böschungsbefestigung tief in die Landschaft eingegraben hatte, mussten rund 500.000 Kubikmeter Sand bewegt werden, um auf den öffentlichen Flächen ein annähernd natürliches Überflutungsregime unter Beibehaltung des Hochwasserschutzes für die Privateigentümer zu schaffen. Die alte, 1300 Meter lange geradlinige Gewässertrasse wurde als Entlastungsgerinne für Hochwässer und als zukünftiger „Altarm“ beibehalten. Mit Randsenken, Auengewässern und dem 360 Meter langen „Restaltarm“ wurde viel Raum für die Entwicklung von Stillgewässerlebensräumen belassen. Verbleibende Grünlandflächen werden künftig als Mähwiese extensiv genutzt. Darüber hinaus entstand eine rund 4,5 Hektar große Insel, auf der es nun keinerlei Nutzung oder Eingriffe mehr geben wird. So wurde mit der insgesamt rund sechs Millionen Euro teuren Maßnahme nicht nur ein Altarm angeschlossen, sondern auch zusätzlicher Retentionsraum geschaffen, eine Auwaldentwicklung gefördert und eine Auenextensivierung ermöglicht.
Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen mit ähnlichen Zielarten und -Lebensraumtypen im Bereich der Ems zur Umsetzung der Wasserrahmenrechtlinie in Planung. Bis zum Jahr 2026 sind auf einer Länge von insgesamt rund 30 Kilometern Flusslauf in NRW Maßnahmen gemäß Trittstein- und Strahlursprungskonzept geplant. Diese Maßnahmen haben ein finanzielles Volumen von circa 30 Millionen Euro.
Durch die verschiedenen Maßnahmen werden die Lebensräume „Naturnaher Tieflandfluss: Fließgewässer mit Unterwasservegetation“ (LRT 3260), „Natürliche eutrophe Altarme“ (LRT 3150), „Hartholzauenwald“ (LRT 91F0), „Weichholzauenwälder“ (LRT 91 E0) und „Magere Flachland-Mähwiesen“ (LRT 6510) reaktiviert und damit gebietstypische Fischarten wie Bitterling, Bachneunauge, Koppe und Steinbeißer sowie Vogelarten wie Uferschwalbe, Eisvogel, Pirol, Nachtigall und Kiebitz gefördert.