Abb. 5: Farger Heideweiher mit blühenden Wasser-Lobelien im Juli 2007 © M. Diekmann
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Projekt des Monats
#3/2019 Farger Heideweiher
Über den Tellerrand geschaut: Stillgewässer in Bremen
Der Großteil (circa 80 Prozent) der atlantischen Region in Deutschland befindet sich in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die gemeinsam das von der EU geförderte Integrierte LIFE-Projekt „Atlantische Sandlandschaften“ durchführen. Die übrige Fläche verteilt sich auf die Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie Teile Schleswig-Holsteins und Sachsen-Anhalts. Über die Plattform „Atlantische Region“ sind auch die übrigen Bundesländer darin einbezogen, eine Strategie für die Entwicklung des methodisch-konzeptionellen Ansatzes zur Umsetzung des Prioritären Aktionsrahmens (PAF) und der EU-Biodiversitätsstrategie in der atlantischen Region zu koordinieren und festzulegen. So hatte auch das Land Bremen seine Unterstützung für den gemeinsamen Antrag der Länder Niedersachsen und NRW zum IP-LIFE erklärt.
Der Anteil Bremens an Lebensraumtypen und Arten, die im Fokus des IP-LIFE stehen, ist zwar vergleichsweise klein, mit dem Farger Heideweiher gibt es aber in Bremen-Nord einen überregional bedeutsamen Standort, der dem Lebensraumtyp „sehr nährstoff- und basenarme Stillgewässer mit Strandlings-Gesellschaften“ (LRT 3110) zuzuordnen ist. Er ist Teil einer eiszeitlich geprägten Binnendünenlandschaft und gehört zum FFH-Gebiet „Heide und Heideweiher auf der Rekumer Geest“ (DE 2117-301). Seine Uferbereiche fallen im Sommerhalbjahr regelmäßig trocken, das gesamte Gewässer aber nur in niederschlagsarmen Sommern. Es kommen dort – neben Vielstängeliger Sumpfsimse (Eleocharis multicaulis), Kleinem Wasserschlauch (Utricularia minor), Mittlerem Sonnentau (Drosera rotundifolia) und anderen – noch der Reinweiße Wasserhahnenfuß (Ranunculus ololeucos) und die Wasser-Lobelie (Lobelia dortmanna) vor. Beide Arten sind in Deutschland durch Nährstoffeintrag in die von ihnen benötigten nährstoffarmen Heideweiher stark in ihren Beständen zurückgegangen und in der neuen Roten Liste Deutschlands als „stark gefährdet“ bzw. „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Störungen durch Wind und Wellenschlag gibt es durch den umgebenden lichten Birken-Kiefern-Wald ebenso wenig wie die früher übliche Schafbeweidung, die das Gelände offenhält und Nährstoffe entzieht. Daher müssen immer wieder Pflegemaßnahmen durchgeführt werden, um den Erhaltungszustand des Farger Heideweihers zu sichern.
Ende der 1930er-Jahre war dort mit dem Bau eines unterirdischen Mineralöl-Tanklagers begonnen worden. In der Folge war das Gelände als militärisches Sperrgebiet für Zivilpersonen über Jahrzehnte nicht mehr zugänglich. Erst im Jahr 1993 konnten wieder biologische Untersuchungen durchgeführt werden: Im Rahmen einer Diplomarbeit an der Universität Bremen wurden die Vorkommen von Reinweißem Wasserhahnenfuß und Wasser-Lobelie wiederentdeckt. Zwar war die seltene Flora aus alten Literaturangaben bekannt, sie galt aber seit Ende der 1930er-Jahre als verschollen.
Beobachtungen und verschiedene Untersuchungen im Auftrag der Naturschutzbehörde Bremen gegen Ende der 1990er Jahre belegten eine zunehmende Gefährdung der botanischen Raritäten des Farger Heideweihers durch Überalterung und Versauerung. Da sich zuvor im Zusammenhang mit Sicherungsmaßnahmen für die Mineralöltanks durch Abschieben des Oberbodens im Randbereich seltene Arten aus dem Diasporenvorrat des Bodens regeneriert hatten, wurde eine großflächige Abschiebung des Oberbodens im gesamten Heideweiher geplant, um eine Revitalisierung der Heideweihervegetation und die Entwicklung zum Lobelien-Gewässer zu ermöglichen. Dafür musste zunächst jedoch die Skepsis hinsichtlich einer erfolgreichen Umsetzung abgebaut werden. Schließlich sollte hier die wertvolle Vegetation eines vermoorten Heideweihers vernichtet werden, in der Hoffnung, dass sich danach die Vegetation eines Heideweihers mit noch selteneren Arten einstellen würde. In beispielhafter Kooperation von Naturschutzbehörde Bremen, Bundesforst, Bundeswehr/ Standortverwaltung Schwanewede, IVG Logistik GmbH Tanklager Farge (als Betreiber des Tanklagers) konnte die Naturschutzmaßnahme aber im Herbst 1999 umgesetzt werden (Abb. 1 bis 4). In den folgenden Jahren entwickelte sich das Gewässer aus botanischer Sicht zu einem sehr wertvollen typischen Heideweiher (Abb. 5), der zahlreichen gefährdeten Arten, darunter auch Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis), Kammmolch (Triturus cristatus), Moorfrosch (Rana arvalis) und Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), Lebensraum bietet. Bereits im ersten Jahr nach der Maßnahme traten auf der abgeschobenen Fläche auch fast alle erhofften Heideweiherpflanzen wieder auf. Einige weitere Arten erschienen jedoch nur in einem oder wenigen Jahren und verschwanden dann wieder, so zum Beispiel das Froschkraut (Luronium natans) oder der Wolfstrapp (Lycopus europaeus). Im Spätsommer 2009 wurden mit einer weiteren Abschiebung eines Teils der trockengefallenen Torfmoosdecke erneut offenliegende Sandbodenbereiche geschaffen.
Bis 2011 entwickelten sich die Lobelien-Bestände positiv. Ab 2013 nahm die Individuendichte jedoch allmählich ab. Eine allgemeine Verschlechterung war unter anderem daran zu erkennen, dass ehemals von Lobelien dominierte regelmäßig untersuchte Dauerflächen 2013 nur noch wenige bis keine Lobelien mehr aufwiesen. Stattdessen waren diese Flächen zu 100 Prozent mit Torfmoosen bewachsen. Als Hauptproblem für den Rückgang der Lobelien wurde die zunehmende Versauerung, das damit anhaltende Torfmooswachstum und eine resultierende allmähliche Verdrängung der Strandlings-Vegetation betrachtet. Deswegen sollte über eine vorsichtige Ausbringung von schwerlöslichem Dolomit-Kalk der pH-Wert, der zwischen 4 und 5 lag, leicht erhöht werden, ohne einen deutlichen Anstieg des pH-Wertes und eine anschließende Eutrophierung zu verursachen. Ende August und Anfang September 2016 sowie im September und Dezember 2017 wurden in vier Portionen insgesamt 725 Kilogramm Kalk am Ufer ausgestreut. Unmittelbar danach war ein Anstieg des pH-Wertes auf Werte zwischen 6 und 7 festzustellen; auch im Mai 2017 wurden noch relativ hohe pH-Werte zwischen 5,1 und 6,0 gemessen. Es bleibt abzuwarten, ob die Kalkung auch längerfristig zu höheren pH-Werten führt.
Um dem Problem einer wieder vorhandenen dichten Torfmoosauflage zu begegnen, wurde der Heideweiher im Spätsommer 2018 nach Trockenfallen erneut großflächig abgeschoben. Dazu wurde wie in 1999 die gesamte Torfmoosdecke bis auf den anstehenden Sand entfernt, wobei einige kleinere Bereiche mit noch vorhandenen Vorkommen von Wasser-Lobelie und Reinweißem Wasserhahnenfuß als Ausbreitungsinitialen ausgespart wurden (Abb. 6 bis 8). Zusätzlich wurde die Fläche etwas vergrößert, indem aufkommende Gehölze und Schilf im Randbereich entfernt wurden. Da der Heideweiher nach wie vor in einem militärischen Sperrgebiet liegt, sind Störungen durch Erholungssuchende, freilaufende Hunde etc. oder andere negativen Einflüsse ausgeschlossen.
Zusätzliche Informationen
Weitere Links
- Naturschutzbehörde Bremen (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- „Eispohl, Sandwehen und Heideweiher“ bei „Erlebnisraum Natur“, den Info-Seiten zu den Bremer Naturerlebnissen (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Faltblatt: Eispohl, Sandwehen und Heideweiher – Schutzgebiete im Land Bremen (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Pflege- und Managementplan (PMP) für das FFH-Gebiet „Heide und Heideweiher auf der Rekumer Geest“ (2011) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)