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Projekt des Monats


#3/2018 WISSELER DÜNEN BEI KALKAR
Optimierung von Sandtrockenrasen

Flache Dünen

Flache Dünen im Südosten des FFH-Gebiets Wisseler Dünen © Wageningen Environmental Research, WUR

Das rund 80 Hektar große Naturschutzgebiet „Wisseler Dünen“ grenzt unmittelbar an die Gemeinde Wissel nördlich von Kalkar und umfasst die größte Flusssanddünenfläche Nordrhein-Westfalens. Wiederholte Überschwemmungen des Rheins führten im Spätmittelalter zur stetigen Ablagerung von Sand an seinen Ufern. Bei sommerlichem Niedrigwasser wurden durch die Winde aus den trockenfallenden Sandbänken in einiger Entfernung große Dünenkomplexe aufgeweht. Die katastrophalen Sandaufwehungen auf dem fruchtbaren Auenlehm konnten im 14. Jahrhundert mit den damaligen Mitteln nicht geräumt werden. Das trocken-sandige Gelände blieb weitgehend ungenutzt und wurde lediglich als karge Gemeindeweide (Allmende) für das Weidevieh der Wisseler Bürger verwendet. Durch jahrhundertelange Beweidung kam es zu keiner Bewaldung. Heute ist das Schutzgebiet südlich, östlich und nördlich von den Wisseler Seen umgeben, die durch Kiesabgrabungen in jüngster Zeit entstanden sind.

Gebüschkomplex

Gebüschkomplex im Nordwesten des Naturschutzgebiets vor der Maßnahme. © Walter Ahrendt, NZ-Kleve

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Die Einzigartigkeit der Dünen mit ihrer besonderen Pflanzenwelt war bereits früh bekannt. Die Wisseler Dünen wurden 1935 wurden als erstes Naturschutzgebiet des damaligen Kreises Kleve und eines der ersten im Rheinland ausgewiesen. Anfang der 1930er-Jahre war vom Reichsarbeitsdienst ein großer Teil der dorfwärts gelegenen Dünen zur Anlage eines Segelflugplatzes planiert worden. Noch in den 1970er-Jahren wurden zwei Sportplätze im Zentrum des Naturschutzgebietes angelegt, die inzwischen wieder beseitigt worden sind. Im August 1999 wurden die Wisseler Dünen für das europaweite Natura-2000-Netzwerk gemeldet und 2003 als „großflächiger, landesweit herausragender Flussdünenkomplex mit beispielhaften und repräsentativen sowie landesweit zu den größten zählenden Sandmagerrasen auf Binnendünen in NRW“ entsprechend festgesetzt. Dabei handelt es sich bei dem natürlichen Lebensraum von gemeinschaftlichem Interesse um den Lebensraumtyp „Sandtrockenrasen auf Binnendünen“ (2330), den es zu erhalten gilt. Als dort vorkommende Art von gemeinschaftlichem Interesse nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie wurde bei der Festsetzung der Wiesenpieper (Anthus pratensis) genannt. Als weitere bedeutende Arten sind der am Niederrhein vom Aussterben bedrohte Knorpel-Lattich (Chondrilla juncea) und der Langblättrige Schwingel (Festuca longifolia) angeführt.

Die kargen trockenen Sande mit extremen Standortbedingungen können nur von speziell angepassten Pflanzen und Pflanzengemeinschaften besiedelt werden. Typische Sandbesiedler sind unter anderem Silbergras (Corynephorus canescens), Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis) und Berg-Sandglöckchen (Jasione montana) sowie Flechten und Moose. Sie bilden niedrigwüchsige Sandtrockenrasen, die den Norden und Osten des Naturschutzgebietes großflächig bedecken. Der zentrale eingeebnete Bereich wird von trockenheitsgeprägten, sehr artenreichen Magerweiden, u. a. mit Feld-Mannstreu (Eryngium campestre), Echtem Labkraut (Galium verum) und Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias), eingenommen. Dornstrauchgebüsche aus markanten Weißdornsträuchern, aus Wildrosen, Schlehdorn und Kreuzdorn zeugen noch heute von der historischen Weidenutzung.

Dünenkamm

Freigelegte Sandflächen und Abtransport der Grassoden. Auf dem Dünenkamm (links) ist die Grasdecke nicht beseitigt worden, um das Bodenrelief zu erhalten. © Walter Ahrendt, NZ-Kleve

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Die typischen Sandpflanzen sind zwar anspruchslos im Hinblick auf Wasser- und Nährstoffversorgung, vertragen jedoch weder Beschattung noch Humusanreicherungen durch Falllaub oder absterbende Grasteppiche. Auch die charakteristischen Tierarten der Sandtrockenrasen wie Sandbienen und Sand-Laufkäfer sind auf warm-trockene, ganztägig der Sonne ausgesetzte Standorte angewiesen. Bäume und Sträucher bzw. die Ausbreitung von Gehölzen wirken deshalb negativ auf die sonnenhungrigen Lebensgemeinschaften der Flusssanddünen ein.

Da es in den Wisseler Dünen in den vergangenen 20 Jahren stellenweise zu einer langsamen Ausbreitung von Gebüschen gekommen war, wurden im Februar 2018 im Rahmen des Integrierten LIFE-Projektes „Atlantische Sandlandschaften“ auf zwei ausgewählten Teilflächen Gebüschkomplexe vollständig gerodet, um die zunehmenden Beeinträchtigungen der wertvollen Sandrasen im Umfeld zu stoppen. Insgesamt waren nur wenige Prozent der naturnahen Dornstrauch-Gebüsche im Schutzgebiet davon betroffen. An drei weiteren Stellen wurde die Vegetationsdecke zur Schaffung vegetationsfreier Pionierstandorte abgeschoben, wobei es galt, das unebene Dünenrelief zu erhalten und die Wuchsorte seltener Pflanzen wie Knorpel-Lattich (Chondrilla juncea), Feld-Beifuß (Artemisia campestris) oder Gewöhnlicher Strandhafer (Ammophila arenaria) auszusparen. Die abgeschobenen Grassoden wurden abtransportiert und zum Teil wallartig an geeigneter Stelle am Rand des Naturschutzgebiets als Sekundärbiotope angehäuft.

Die Wisseler Dünen sind unter Kontrolle und Betreuung der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Kleve und des Naturschutzzentrums im Kreis Kleve e. V., das auch die ökologische Baubegleitung während der Maßnahmenumsetzung durchführte.

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