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Projekt des Monats


#11/2018 OPTIMIERUNG DES LEBENSRAUMES FÜR DEN MOORFROSCH
Umgestaltung von Teichen im Naturschutzgebiet Rietberger Emsniederung

Mitten auf einer Freifläche hat sich ein kleiner Teich gebildet. Um den Teich herum sind Fahrspuren der Baufahrzeuge zu erkennen. Im Hintergrund befindet sich eine Baumreihe.

Eine Teichfläche nach der Optimierung der Randbereiche im Sommer 2018 © Hans-Martin Bröskamp, UNB Kreis Gütersloh

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Die Feuchtwiesen der Rietberger Emsniederung im Kreis Gütersloh wurden 1989 im Rahmen des Feuchtwiesenschutzprogrammes des Landes NRW mit einer Größe von rund 440 Hektaren unter Schutz gestellt. Unmittelbar daran grenzt das 50 Hektar große Teichgut der Rietberger Fischteiche als weiteres Naturschutzgebiet. Die offene, weiträumige Niederungslandschaft wird durch kleine naturbelassene Feldgehölze, Einzelbäume, Hecken und Kopfbaumreihen gegliedert. Zum Charakteristikum der Feuchtwiesen gehört ferner ein eng verzweigtes Graben- und Vorflutsystem, das den Wasserreichtum der Landschaft widerspiegelt. Das Teichgut besteht aus einem Verbund von 26 kleinen und großen, heute nicht mehr zur Zucht von Karpfen und Schleien genutzten Teichen. Beide Gebiete sind Teil des Europäischen Vogelschutzgebietes „Emsniederung bei Rietberg mit Steinhorster Becken“ und stehen in engem funktionalen Zusammenhang. Die Emsniederung und der Teichkomplex haben eine landesweit herausragende Bedeutung für Wiesen- und Watvögel, Röhrichtbewohner, feuchtwiesentypische Heuschreckenarten, Libellen und Tagfalter. Der hohe Anteil an Nass- und Feuchtgrünlandflächen, zum Teil extensiv bewirtschaftet und auf Moorstandorten, ist Lebensraum etlicher Pflanzenarten, die auf der Roten Liste stehen. Beispielsweise kommen Großer Brachvogel, Uferschnepfe, Kiebitz, Rohrweihe, Schnatterente, Sumpfblutauge, Fieberklee und Gelbe Wiesenraute vor.

Bemerkenswert ist auch die Population des Moorfrosches (Rana arvalis), der im Vogelschutzgebiet sein einziges Vorkommen im Kreis Gütersloh hat. Es stellt zugleich eines der wenigen Vorkommen in Ostwestfalen-Lippe dar. Als Laichgewässer nutzt der Moorfrosch zumeist Teile der ehemaligen Fischteiche; sein Landlebensraum befindet sich in den angrenzenden Wiesenbereichen der Emsniederung. Ehemals war landwirtschaftlich genutztes Feuchtgrünland der Landlebensraum des Moorfrosches. Nach weitgehender Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung haben sich nicht bzw. kaum genutzte Feuchtbrachen, Röhricht- und Seggenbestände entwickelt. In den Brachen wachsen vereinzelte Weidengebüsche und Erlen. Mehrere randlich liegende, dicht mit Gehölzen umstandene, verlandete Kleingewässer rahmen das Projektgebiet ein. Im Untergrund treten moorige bzw. anmoorige Böden mit hoch anstehendem Grundwasser und nicht-trittfester Grasnarbe auf. Die Pflege der Flächen erfolgt auf Grundlage des Vertragsnaturschutzes, das Mähen und Abräumen ist allerdings nur bei langandauernder Sommertrockenheit möglich. 

Nach dem Ausbleiben regelmäßiger landwirtschaftlicher Nutzung hatten sich in den Randbereichen der Teiche zusehends Bäume und Sträucher ausgebreitet. An den Teichufern wachsende Gehölze beförderten jährlich große Mengen Laub und Holz in die Gewässer und führten zu deren Verlandung. Dadurch und durch die zunehmend trockeneren Frühjahre sind die Laichmöglichkeiten für den Moorfrosch verloren gegangen. Die Maßnahme im Rahmen des Integrierten LIFE-Projektes „Atlantische Sandlandschaften“ hat daher das Ziel, durch Optimierung der Teiche den Lebensraum des Moorfrosches aufzuwerten und die Art auf diese Weise zu fördern.

Im Vordergrund liegt eine große Wiese, im Hintergrund eine Baum- bzw- Buschreihe.

Fläche vor Durchführung der Maßnahme (Mai 2017) © Bezirksregierung Münster

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Anfangs sah das Maßnahmenkonzept auch die Anlage eines neuen großen Laichgewässers vor. Die mehr als 1.000 Kubikmeter Bodenaushub hätten aus dem Schutzgebiet abgefahren werden müssen. Es bestand allerdings ohne vorherigen Ausbau eines unbefestigten Sand- und Grasweges als Baustraße keine Aussicht, den Bodentransport mit schweren Baufahrzeugen abzuwickeln. Angesichts der hohen Kosten einer Baustraße entschieden sich die Projektverantwortlichen letztlich gegen die Neuanlage des Laichgewässers.

In gleicher Weise wurde davon abgesehen, die am Nordrand des Projektgebietes liegenden Kleingewässer von Gehölzen freizustellen. Die Arbeiten hätten auf dem angrenzenden, nicht-öffentlichen Grundstück massive Flurschäden verursacht, so dass der Eigentümer die Inanspruchnahme verweigerte.

Nach Neuplanung wurde die Gesamtmaßnahme unterteilt in Arbeiten zur Beseitigung der Gehölze (Winter 2017/ 2018) und Erdarbeiten (Sommer 2018). Zunächst erfolgten Anfang September 2017 vorbereitende Arbeiten, bei denen im Bauumfeld jene Bereiche, die dem Abtransport des Holzes dienen sollten, gemulcht wurden. Auf den moorigen Böden traten aufgrund der vielen Niederschläge jedoch erste Probleme auf: An einer besonders nassen Stelle versackte der Mulcher. Er konnte aber von einem zweiten Traktor problemlos geborgen werden. An anderen Stellen waren die Wiesen beidseits der Teichanlage einigermaßen abgetrocknet, so dass der Holzeinschlag auf dem höher liegenden, dammartigen Teichufer beginnen konnte. Im Spätherbst mussten die Arbeiten zunächst einmal eingestellt werden, da die Gehölze am gegenüberliegenden Teichufer und in den Feuchtbrachen aufgrund der Nässe selbst für Bagger mit Kettenlaufwerk nicht erreichbar waren. Insgesamt wurden bis zum Winter auf einer Fläche von rund 5.900 Quadratmetern die Gehölze entnommen: Vorhandene Bäume rund um die Gewässer und ein Weidengebüsch in den Brachflächen wurden gefällt, die Sträucher auf den Stock gesetzt und dicht über dem Erdboden abgeschnitten. Im Februar 2018 setzte endlich zweiwöchiges Frostwetter ein, das den Abtransport des Holzes ermöglichte.

Der schon im Mai beginnende trocken-heiße Sommer brachte dann günstige Voraussetzungen, um die Erdarbeiten in diesem schwierigen Umfeld durchführen zu können. Sämtliche Baum- und Strauchstubben wurden im Zuge des zweiten Projektteiles beseitigt, um die erneute Gehölzaufstockung zu verhindern und das Projektgebiet dauerhaft von Gehölzen freizustellen. Anschließend erfolgte die Umgestaltung dreier Teiche: Beim früheren Anlegen war der ausgehobene Boden seitlich am Ostufer aufgeschüttet und einplaniert worden, wodurch das Ufer bis zu 80 Zentimeter oberhalb des Mittelwasserspiegels liegt. Die Uferbereiche wurden nun durch Bodenabtrag nahezu höhengleich an die umgebenden Feuchtwiesen angeglichen, der Gewässerrand abgeflacht und naturnah profiliert. Nach nicht einmal vier Tagen hatte die in der Durchführung von Landschaftspflege- und Entwicklungsmaßnahmen versierte Firma die Arbeiten beendet. Beim Abrücken der Baumaschinen erkundete bereits ein neugieriger Weißstorch die umgestalteten Teiche. Sie entwickeln sich hoffentlich zu einem attraktiven Amphibien-Lebensraum und bieten dem Moorfrosch künftig wieder optimale Fortpflanzungsbedingungen.

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